Brückenschlag ins kleine Paradies

Mit ihrem Schäferwagen an der Altmühl haben Maria und Helmut König ein entspannendes Refugium geschaffen.

Das dem so ist, liegt unter anderem an der herrlichen Lage: Vor dem mit bunten Wimpeln geschmückten Schäferwagen murmelt die Altmühl unter der Brücke hindurch, dahinter steigt steil der Wald an und zwischen den Bäumen recken sich Riffkalkfelsen in den Himmel. Auch wenn es herrlich ruhig und idyllisch ist, ist dieser Ort ein besonderer Knotenpunkt: Hier kreuzen sich der „Altmühltal-Panoramaweg“ und der „Altmühl-Radweg“; direkt hinter der Brücke liegt außerdem die Bootsausstiegsstelle „Schernfelder Bruck“ und auch mit dem Auto ist der Schäferwagen gut zu erreichen.

Idyllischer „Knotenpunkt“ 

Ihren sommerlichen Arbeitsplatz haben Helmut König und seine Frau Maria also gut gewählt, als sie sich ihren Schäferwagen-Traum erfüllten – doch sie waren nicht die ersten, die hier den Hunger und Durst von Radlern, Wanderern & Co. stillten. Über 30 Jahre stand an dieser Stelle mit „Schusters Brotzeitwagen“ eine wahre Institution. Doch im Juni 2019 endete diese Ära. Damals arbeite Helmut König noch Vollzeit in einer Bank, auch seine Frau kam beruflich aus dieser Richtung. „Ich wollte eigentlich schon immer einen Food-Truck oder einen Imbiss betreiben“, erinnert er sich, „und einen Ort für Maria und mich schaffen. Als ich dann mitbekommen habe, dass Karl Schuster aufhört, wurde die Idee das erste Mal konkret“. Und da auch Marias vier Schwestern ihre Unterstützung zusagten, wagten die Königs den Schritt in Richtung „Mein Platz an der Bruck“. 

Hommage an die Wanderschäfer

Wo die zukünftigen Gäste sitzen sollten, gab die Natur vor: Hohe, alte Bäume bilden eine grüne Hallendecke, die die Bierbänke und -tische ideal beschatten. Dazu gesellen sich Plätze unter Sonnenschirmen und einige Liegestühle, die Königs am Altmühlufer aufgestellt haben. „Der Platz ist einfach wunderschön, dafür können wir nichts“, attestiert Helmut König dem Ambiente. Wohl aber ist er für das heimelige Feeling verantwortlich. „Wir wollten keinen klassischen weißen Imbisswagen, sondern einfach ein bisschen mehr.“ 

Ein Schäferwagen schien ihnen deshalb die richtige Wahl: zum einen, weil Helmut Königs früh verstorbener Vater als Wanderschäfer unterwegs war, zum anderen, weil die Schäferei elementar für den Landschaftsschutz im Naturpark Altmühltal ist. Und weil Helmut König Schafe einfach gerne mag: „Wenn unser örtlicher Schäfer die Herde den Berg runter zur Altmühl treibt, damit die Schafe saufen können, freu ich mich jedes Mal, denn dann geht  hier tierisch der Punk ab.“

Zwei Personen in einem Holzverkaufsstand mit bunter Wimpelkette, eine Frau steht, ein Mann sitzt mit Strohhut.

Sozialer Treffpunkt im Grünen

Ein erfahrener Schreiner aus dem Westen des Naturparks baute den Schäferwagen dann ganz nach Helmut Königs Wünschen. Im Mai 2020 feierte „Mein Platz an der Bruck“ seine Eröffnung. Seitdem hat sich der Schäferwagen prächtig entwickelt. Wenn das Wetter mitspielt, haben die Königs am Wochenende und an Feiertagen sowie an einigen zusätzlichen Tagen geöffnet; die genauen Zeiten finden sich immer aktuell auf der Website. „Manchmal stehen unsere Stammgäste schon am Schäferwagen, bevor wir eigentlich aufsperren“, so Helmut König.

Kein Wunder: Der „Platz an der Bruck“ ist längst zu einem sozialen Treffpunkt geworden: „Hier wird jeder mit Du angesprochen, hier ist keiner allein“, betont sein Betreiber. Er mag die Mischung aus Einheimischen und Touristen–  und dass er hier seine beiden Leidenschaften verbinden kann: „Kochen und mit den Leuten reden“. Gerade der persönliche Kontakt mache für ihn den Schäferwagen aus: „Es ist so schön, wenn man mit den Leuten ein bisschen ratschen kann und erfährt, woher sie kommen oder was sie im Altmühltal vorhaben.“ Einmal kamen sogar schon Pilger mit ihrem Pferd vorbei: „Die haben vier Bier bestellt; drei für sich, eines fürs Pferd.“

Leidenschaft für regionale Lebensmittel

Seit vielen Jahren sind die Königs Mitglieder von „Slow Food“. Ihre persönliche Leidenschaft für gute Lebensmittel spiegelt sich auch im Angebot des Schäferwagens wider. So weit wie möglich greifen sie auf saisonale, naturnahe und nachhaltig erzeugte Produkte zurück. Auf dem Grill brutzelt für die Steak- und Würstelsemmeln Fleisch von regionalen Metzgereien, der Kaffee stammt aus einer Rösterei aus dem nahen Eichstätt, Bier und Erfrischungsgetränke von regionalen Brauereien und auch der Kuchen hatte es nicht weit bis zum Schäferwagen.

Heute reicht Maria einen erfrischend-saftigen Zitronenkuchen über die Theke. Um so schöner, dass bei dessen Genuss ein Schwarm Zitronenfalter den Liegestuhl unterm Apfelbaum umschwirrt. Auch zwei Radler haben es sich in den Liegestühlen bequem gemacht, nachdem sie sich in der Altmühl die Waden gekühlt haben. Das erste Bier ist schnell getrunken und die beiden überlegen, ob aus dem ersten noch ein zweites werden soll. Mit dem Satz „Wenn wir schon mal da sind“ ist die Entscheidung schnell gefällt.

Drei leere Liegestühle stehen im Schatten eines Baums an einem Flussufer bei Sonnenschein.

Entspannende Grundstimmung

An einem Tag wie heute haben Maria und ihre Schwestern alle Hände voll zu tun. Auch wenn es beim Essens- und Getränkeverkauf mal heiß hergeht, bleibt die Stimmung gelassen. „Meistens sind die Leute, die zu uns kommen, durchs Wandern, Radeln oder Bootwandern schon entschleunigt, das passt zu unserer Grundstimmung hier“, hebt Helmut König hervor. Mittlerweile betreiben Helmut und Maria den Schäferwagen hauptberuflich. Auch wenn es viel Arbeit ist, genießen sie es hier. „Ich hab hier keine To-Do-Liste, keinen Scorebogen und keine Zielvorgaben“, so Helmut König: „Außerdem habe ich viel dazu gelernt, auch für mich selbst. Auf gewisse Art und Weise wird man hier draußen weise.“

Weinproben und Weihnachtsmarkt

Den Schäferwagen nutzen die Königs übrigens auch noch für ihr zweites Standbein. Vor und nach der Saison fahren die beiden zum Krafttanken jeweils für mehrere Wochen in die italienische Region Marken. Die dortigen Weine haben es ihnen angetan, woraus sich ihr Weinhandel entwickelte. Für ihre Weinproben, bei denen sie auch Antipasti, Käse und Schinken reichen, kommen die beiden zu den Interessenten nach Hause oder sie laden zum Schäferwagen ein.

In der Vorweihnachtszeit hat der Schäferwagen noch einen weiteren Einsatz auf dem Eichstätter Adventsmarkt, der immer an den ersten drei Adventswochenenden stattfindet. Doch bis es so weit ist, lässt sich der Sommer hier am Altmühlufer bestens genießen. Wenn die letzten Gäste gegangen sind und sich auch die Königs für die Heimfahrt fertigmachen, gönnen sie sich oft noch einen Moment der Stille: „Maria setzt sich gerne auf die Bank und schaut fünf Minuten aufs Wasser“, erzählt ihr Mann: „Ich will dann eigentlich lieber heim ins Bett, aber ich hock mich trotzdem immer gern dazu“. Schließlich ist es ihr gemeinsamer „Platz an der Bruck“ – und die Entscheidung dazu, die bereue er keine Minute.

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Urlaub machen, essen, trinken…