Glückliche Verbindung

Das historische Städtchen Beilngries liegt idyllisch im Altmühltal – und hat ausgezeichnete internationale Verbindungen. Vor den Toren fließt nämlich der Main-Donau-Kanal. Für gute Fahrt auf dieser Wasserstraße sorgt die zentrale Ansprechstelle des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Donau MDK, für das Ewa Wisniewski und Hubert Stelz arbeiten.

„Hier ist es so idyllisch, hier könnte gern mein Büro sein!“ meint Ewa Wisniewski mit einem Lachen. Umgeben von Wiesen, auf denen Gänseblümchen blühen, liegt die Gösselthalmühle ein Stückchen außerhalb der Stadt Beilngries. Die Sulz plätschert vorbei, ein paar Meter weiter strömt der Main-Donau-Kanal. Letzterer ist der Grund, warum die historische Mühle heute von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) genutzt wird. Ewa Wisniewski ist die Ansprechpartnerin für die „Erlebniswelt Wasserstraße“: Diese barrierefrei gestaltete Ausstellung soll zeigen, was die WSV leistet – auf spannende Art. Gäste werden zu Kapitänen, bedienen Schleusen oder lauschen dem Funkverkehr. Der Eintritt ist kostenlos. Von Frühjahr bis Herbst ist täglich geöffnet.

Frau steht vor Ausstellungstisch mit Molekülmodellen, im Hintergrund Infotafeln zum Thema Wasser.

Wenn Schiffe über den Berg fahren

Die gemeinsame Geschichte der Mühle und des Kanals reicht bis zu dessen Anfängen zurück: Während der Arbeit an der Wasserstraße befand sich hier das Baubüro. Heute beherbergen die historischen Gebäude die Revierzentrale Gösselthal, die Hubert Stelz leitet. Die Aufgaben sind vielfältig. „Wir überwachen und steuern die Wasserstände, wir sind zuständig für den Wasserstands- und Hochwassernachrichtendienst, wir machen die Wasserüberleitung für den Freistaat Bayern, wir sind Ansprechpartner und Notrufzentrale für den Bereich von der Mainmündung bis zur österreichischen Grenze", zählt Hubert Stelz auf. „Die Zentrale ist 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag besetzt.“ 

Während sich seine Arbeit hinter den Kulissen abspielt, erfahren Gäste in der Ausstellung, worum es dabei geht – etwa darum, Schiffe über den Berg fahren zu lassen. Der Main-Donau-Kanal muss nämlich zwischen Bamberg und Kelheim eine Höhendifferenz von 243 Metern überwinden und überquert dabei die Europäische Hauptwasserscheide. Nur so wird die schiffbare Verbindung von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer möglich, von der schon Karl der Große träumte.

Zwei Menschen in sommerlicher Kleidung betreten durch eine Glastür ein Gebäude

Ein Schiff statt 100 Lastwagen

Der Kanal ist ein wichtiger Verkehrsweg – etwa bei sperrigen Gütern, die gar nicht auf der Straße transportiert werden können. „Wir wünschen uns noch mehr Schifffahrt“, meint Ewa Wisniewski und bleibt vor einer Schautafel stehen, die den Transport auf dem Wasser mit Schiene und Straße vergleicht. „Ein Schiff kann rund 100 LKW-Ladungen befördern", betont die Expertin. „Wenn Sie das nächste Mal im Stau stehen, denken Sie mal darüber nach.“

Die Wasserstraße bietet darüber hinaus Lebensräume für seltene Arten wie Eisvogel und Kreuzotter, die teils geplant, teils ungeplant entstanden sind. Wer alles im und am Kanal lebt, zeigt eine Ausstellungsstation.

Mann und zwei Kinder vor Bildschirmen an interaktiver Station

Kapitän auf der „Wasserleitung“

Und noch eine Überraschung erwartet die Gäste: Der Main-Donau-Kanal ist nicht nur ein Verkehrsweg, sondern auch, wie Ewa Wisniewski es ausdrückt, „eine große Wasserleitung“. Mehr darüber erfährt man im nächsten Raum. Hier steht das Wasser im Mittelpunkt. Kinder können zum Beispiel mit Bausteinen Wassermoleküle nachbauen. Jemand war hier offenbar fleißig am Werk. „Was für ein Molekül das ist, weiß ich aber auch nicht“, lacht die WSV-Mitarbeiterin. „Das muss vielleicht erst noch entdeckt werden.“

Auf den Weg in den dritten Teil der „Erlebniswelt“ illustriert eine Schautafel die Kanalgeschichte vom 8. Jahrhundert bis in die heutige Zeit. Kinder haben hier aber meist schon ein anderes Highlight erspäht: den Fahrsimulator. An dieser Station können sie sich als Binnenschiffer versuchen. Auf Bildschirmen zieht wie vor dem Fenster die Landschaft vorbei. Doch Ewa Wisniewski deutet auf die Radarkarte: „Der Schiffsführer schaut gar nicht raus“, weiß sie. „Er sieht alle wichtigen Informationen hier.“

Kapitäne sind aber nicht die einzigen, die am und auf dem Kanal arbeiten. An Hörstationen werden verschiedene Berufe vorgestellt – vom Taucher bis zum Wasserbauer. Auch von Hubert Stelz' Arbeit bekommen die Gäste einen akustischen Eindruck: Sie können sich die Meldungen anhören, die – ähnlich wie beim Verkehrsfunk – an die Schiffer ausgesendet werden.

Eltern mit zwei Kindern auf Wiese mit künstlichem Bachlauf

Schiff ahoi auf der Wiese

Wenn der Rundgang beendet ist, wartet der Außenbereich. Dort lädt ein Wasserspielplatz an der Sulz dazu ein, sich selbst als „Kanalbauer“ zu versuchen. Außerdem können Kinder das Spielschiff entern. Nur der Uferweg trennt das Gelände der Gösselthalmühle vom Kanal. Am Wegesrand liegen unterschiedliche Steine – aus Kroatien, aus der Schweiz, aus Franken: Diese Geschenke der Binnenschiffer zur Eröffnung des Main-Donau-Kanals im Jahr 1992 zeugen von der Verbindung, die durch die Wasserstraße geschaffen wurde. Der Kanalbau hatte außerdem noch einen weiteren positiven Effekt: Er nimmt Hochwasser auf, was wiederum die Renaturierung der Sulz in Beilngries möglich machte. So entstand der idyllische Sulzpark. Dieser ist, ebenso wie die historische Altstadt mit ihren vielen Einkehrmöglichkeiten, über einen kurzen Spaziergang auf dem Uferweg zu erreichen.

Apropos Uferweg: Eigentlich sei der Kanal ja nicht dafür gebaut worden sei, stellt Hubert Stelz fest, doch die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung würden begeistert angenommen. Wie aufs Stichwort ist schon ein Radlerpaar in Sicht. Für sie ist der Besuch in der Gösselthalmühle ein Freizeitspaß, für die WSV-Mitarbeiter gehört er zum Berufsalltag. Aber nach Beilngries zu kommen, meint Ewa Wisniewski, sei für sie auch ein bisschen wie Urlaub machen: „Es ist ein schönes Lebensgefühl hier am Kanal.“

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