Unerwartete Weinfreuden

Ein steiniger Acker, der sich als idealer Weinberg entpuppt, ein Kieferorthopäde, der sich zum Winzer ausbilden lässt, und Bierkenner, die zu Weinfreunden werden: Vieles am Weingut Bleimer Schloß bei Greding überrascht – aber nicht die Qualität der Weine. Für diese sorgt Kellermeister Tim Eberhard mit viel Leidenschaft und Sachverstand.

Junger Mann steht zwischen Edelstahltanks in Weinkeller

Im Weinstadl laufen schon die Vorbereitungen für die abendliche Kellerführung mit Weinprobe und das Konzert am nächsten Tag. In der Abfüllung wartet der Spätburgunder darauf, in die Flaschen zu fließen, draußen steht der Weinwagen, der am Wochenende unterwegs sein wird – am Bleimer Schloß ist an diesem Freitag einiges los, und Tim Eberhard ist mittendrin. Wie jedes Wochenende, erzählt er. Unter der Woche studiert er momentan noch Weinbau und Önologie. Die Ausbildung zum Winzer hat er schon abgeschlossen. Die Berufswahl mag für den Sohn eines Kieferorthopäden überraschen – ebenso wie die Weinberge mitten auf der Jurahochebene bei Greding.

Ein Hauch von Burgund auf dem Jura

Eine Verkettung von Zufällen und glücklichen Entscheidungen hat das Projekt Bleimer Schloß erst möglich gemacht. 2010 kaufte Tim Eberhards Vater das Anwesen, das zwischen den Dörfern Kraftsbuch und Linden mitten auf dem Jura liegt. Die landwirtschaftlichen Flächen verpachtete er, doch das lohnte sich nicht recht. Ein bei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Auftrag gegebenes Bodengutachten lieferte ein erstaunliches Ergebnis: Die Experten kamen zu dem Schluss, dass die kargen Äcker perfekt für den Weinbau geeignet seien. „Da waren wir erstmal baff“, lacht Tim Eberhard. „Wir haben hier Boden- und Klimaverhältnisse wie im Burgund vor 50 Jahren.“

Doch perfekte Voraussetzungen allein reichen nicht für die Gründung eines Weinguts. Bevor überhaupt etwas angebaut werden konnte, mussten die Eberhards zunächst Pflanzrechte erwerben. Dr. Eberhard absolvierte daher eine Ausbildung und wurde mit Mitte 50 Jungwinzer, wie sein Sohn mit einem Schmunzeln erzählt. Dass er selbst bald die Verantwortung für die Weine vom Bleimer Schloß übernehmen würde, war damals noch nicht ausgemacht. „Nach dem Abitur war nicht ganz klar, was ich machen wollte“, erzählt er. Er begann eine Ausbildung zum Winzer, doch die Begeisterung hielt sich zunächst in Grenzen. Dann kam das Gesellenstück und damit die Verantwortung für einen Weinberg. „Du arbeitest das ganze Jahr darauf hin, endlich ernten zu können, dann noch ein Jahr bis zum Abfüllen. Dann hatte ich meine erste eigene Flasche in der Hand. Da hat es bei mir Klick gemacht“, erinnert er sich.

Scherben bringen Winzerglück

Seit 2024 ist Tim Eberhard komplett für den Keller des Weinguts Bleimer Schloß verantwortlich – und damit für die Weinberge auf dem Jura sowie für einen weiteren Weinberg der Familie in Thüngersheim, also mitten in einem klassischen Anbaugebiet. Die Unterschiede, betont der junge Winzer, seien deutlich. Bei Führungen zeigt er die Besonderheiten der Gredinger Weinberge. Natürlich ist das Gelände auf dem Hochplateau nicht so steil, wie man es von anderen Weinbergen kennt. Dennoch gehören die Gredinger Weinberge zu den höchsten Lagen Frankens, wie Tim Eberhard weiß. Auch die großzügigen Abstände zwischen den Reihen der Weinstöcke fallen auf. „Krankheiten entstehen beim Wein hauptsächlich durch Nässe“, erklärt der Winzer. „Unsere Weinberge sind so angelegt, dass der Wind durchweht und die Reben abtrocknet.“ Auf den Wind ist auf der Jurahochfläche Verlass. Und das ist nicht der einzige Vorteil. Tim Eberhard deutet auf den Boden: „Hier ist alles voller Steine. Für den Ackerbau eine Katastrophe, aber für den Weinbau perfekt. Die Weine hier sind viel mineralischer, sie haben eine ganz andere Aromatik“, schwärmt er. 

Abgesehen von den hellen Steinscherben ist rund um die Rebstöcke alles grün, denn die Eberhards setzten von Anfang an auf Bio-Anbau. „Wir sehen den Anbau als Kreislauf und versuchen, alles zurückzuführen: den Stockschnitt, den Trester“, erläutert Tim Eberhard. Außerdem bietet die Begrünung beste Bedingungen für die natürlichen Feinde von Schädlingen. Gedüngt wird mit dem Mist der Pferde, die seine Mutter direkt vor Ort züchtet. Die Weinlese ist Handarbeit. Auch die Rebsorten wurden mit Bedacht gewählt. „Wir setzen viel auf PIWIs, also pilzwiderstandsfähige Rebsorten“ erklärt der Winzer und verrät: „Der Muscaris ist mein Favorit. Er hat die Aromen von exotischer Frucht, tolle florale Noten und ist trotzdem trocken.“

Eine Besonderheit im Repertoire ist der seltene rosa Chardonnay. Außerdem liegt ein Schwerpunkt auf den Burgunderweinen, schließlich hatte ja schon die LWG den Vergleich zum Burgund gezogen. Gerade wartet zum Beispiel der Spätburgunder darauf, abgefüllt zu werden. Er durfte im Holzfass reifen – aber nicht zu lange. „Die Kunst des Kellermeisters ist es zu sagen: Jetzt ist genau der richtige Moment“, erklärt der Experte und fügt hinzu: „Das ist die schönste Arbeit, wenn man mit dem Glas durch den Keller geht und probiert.“

Ein Ort zum Genießen

Apropos probieren: Inzwischen kann man die Weine vom Bleimer Schloß auch vor Ort genießen. Mit dem Weinstadl ist eine besondere Location für die Einkehr und für Veranstaltungen entstanden, aufgebaut aus den geschichtsträchtigen Holzbalken und Bruchsteinen, die für den ursprünglichen Stadel genutzt wurden. Weinproben und Konzerte finden hier ebenso statt wie private Feiern, darunter viele Hochzeiten mit freier Trauung im Weinberg. Wer aufmerksam hinschaut, entdeckt jede Menge Ammoniten – in den Mauersteinen und noch zahlreicher auf den Etiketten der Weinflaschen. 

„Der Weinstadl ist super für den Bekanntheitsgrad unseres Weinguts“, weiß Tim Eberhard. Daran arbeiten er und das junge Team des Bleimer Schloßes – fast alle in ihren Zwanzigern – mit jeder Menge Elan. Mit seinen hochwertigen Weinen hat sich das Bleimer Schloß unter Kennern teils schon einen Namen gemacht – und der Kellermeister will zukünftig auch mit seinen Selektionsweinen „auf Prämierungsjagd gehen“. Auch die Leute aus der Umgebung schauen gern vorbei – und das, wo der Naturpark Altmühltal doch eigentlich eine „Bierregion“ ist. „Manche kommen nur für Kaffee und Kuchen, aber viele haben bei uns zum ersten Mal bewusst Wein probiert“, freut sich Tim Eberhard. „Es ist so ein vielfältiges Produkt, dass für jede Geschmacksrichtung etwas dabei ist.“ Und was wäre ein guter Anfang? Da kommt ihm der frisch abgefüllte Secco in den Sinn: „Der soll jedem schmecken, da soll Trinkfreude überspringen, man soll Lust haben auf den zweiten Schluck.“ Und auf den nächsten Besuch am Bleimer Schloß.

Urlaub machen, essen, trinken…