Vom Schandmantel zur Schatzkiste

Über der Stadt Pappenheim thront als Wahrzeichen eine mächtige Ruine. Wer ihre Geheimnisse erforschen will, ist bei Burgführerin Brigitte Durner richtig. Kinder dürfen mit ihr sogar auf Schatzsuche gehen.

Frau in sommerlicher Kleidung steht vor Brücke, die auf einen Burgturm zuführt.

Auf Burg Pappenheim liegt ein Schatz verborgen. Doch nicht mehr lange, denn eine Gruppe kühner Recken hat sich aufgemacht, ihn zu erobern. Sie sind etwas aufgeregt, doch zu allem entschlossen – und stehen kurz vor dem Abschluss der zweiten Grundschulklasse. Burgführerin Brigitte Durner nimmt die Kinder vor dem Eingang zur Burg Pappenheim in Empfang. Als sie die Schatzkiste erwähnt, sind die Kinder kaum noch zu bremsen. Doch da ist ein Haken an der Sache: Die Kiste ist mit einem Zahlenschloss gesichert. Wer das Schloss knacken möchte, muss gut aufpassen und sich Zahlen merken, die während der Burgführung genannt werden. Die Kinder nicken eifrig. Der Streifzug durch die Geschichte der Burg Pappenheim kann beginnen.

Als Wahrzeichen thront die Burg seit dem Mittelalter über der gleichnamigen Stadt an der Altmühl. Hier residierten einst die Grafen zu Pappenheim, Reichserbmarschälle des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Zu einiger Berühmtheit brachte es Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim, den Schiller in seinem Drama „Wallenstein“ auftreten ließ. Der Dichter legte ihm den Satz „Daran erkenne ich meine Pappenheimer!“ in den Mund, aus dem sich eine Redewendung entwickelte. Der Feldherr wurde im Dreißigjährigen Krieg in der Schlacht von Lützen tödlich verwundet. Auch die Burg war nach den Kriegswirren schwer gezeichnet. Erst Jahrhunderte später wurden die Gebäude teilweise rekonstruiert.

Kindergeburtstag unter Rittern

Brigitte Durner kennt die Geschichte des Baus genau und weiß zum Beispiel, wo noch der originale Torbogen aus dem Mittelalter steht. Schließlich macht sie schon lange Burg- und Stadtführungen für Erwachsene. Eine Bekannte, die im Burgshop arbeitete, habe ihr das vorgeschlagen. „Zuerst habe ich gesagt: Im Leben nicht!“, erinnert sie sich lachend. Mit ein bisschen Bedenkzeit entschied sie sich schließlich dafür.

Kinder sind mit alten Steinen, Daten und Namen allerdings eher schwer zu beeindrucken. „Sie müssen aktiv mitmachen. Das, was sie sich selbst erarbeiten, das merken sie sich auch“, erklärt Brigitte Durner. Deshalb kam sie auf die Idee, ein spezielles Angebot für das junge Publikum zu entwickeln: die Schatzsuche. „Ich habe kein festes Schema, sondern mache sie immer ein bisschen anders, je nach Gruppe“, verrät die Führerin. Heute ist es eine Grundschulklasse, die sich auf die Jagd nach dem versteckten Schatz begibt. Die Führung kann aber auch von kleineren Gruppen gebucht werden – etwa im Familienurlaub oder für Kindergeburtstage. „Manche haben sich gleich noch kostümiert, als Ritter und Prinzessinnen“, erzählt sie schmunzelnd. Die passende Ausrüstung dafür gibt es im Burgshop.

Abfahrtshocke in der Folterkammer

Immer wieder macht Brigitte Durner die Geschichte für die Kinder anschaulich. Etwa die Größe der Anlage: drei Fußballfelder hintereinander. „Jetzt stellt euch vor, da kommen Feinde – und die haben einen Rammbock dabei!“ fordert sie die Gruppe vor dem Burgtor auf. Ein Raunen geht durch die Kinderschar – obwohl noch gar nicht alle wissen, was ein Rammbock überhaupt ist. Aber nach der Erklärung verstehen alle, wie schwierig es wäre, einen solchen Rammbock den steilen Weg hinaufzuschaffen und ihn um die Kurve zu manövrieren, die der Weg vor dem Tor macht. Das haben die Erbauer der Burg ganz schön clever gemacht!

In der Burg müssen die Kinder verschiedene Fragen beantworten, die sie reihum vorlesen dürfen. Dann rennen sie zum Beispiel los, um Schießscharten zu suchen oder nach dem „wasserspeienden Ungeheuer“ Ausschau zu halten. Zwischendurch erzählt die Führerin ein bisschen übers Mittelalter: „Da oben im Palas haben die vornehmen Herrschaften gewohnt. Hier unten haben wir gewohnt, die Arbeiter. Schon Kinder ab sieben Jahren mussten arbeiten, von in der Früh bis es abends dunkel wurde.“ Da machen die sieben- bis achtjährigen Führungsteilnehmer große Augen.

Auch ins Zeughaus, wo ein Museum zur Geschichte der Burg untergebracht ist, führt die Tour. In Gruppen sucht die Klasse nach verschiedenen Ausstellungsstücken, um sie dann den Mitschülern zu zeigen. Besonders neugierig sind die Kinder auf die Folterkammer gleich nebenan. Brigitte Durner sorgt dafür, dass die bei den harmloseren Exponaten bleiben. Wie war das wohl, wenn man den schweren Schandmantel tragen und dafür stundenlang in die Knie gehen musste? Auf Anweisung der Burgführerin probieren die Kinder es aus und machen eine „Abfahrtshocke". Als das Experiment für beendet erklärt wird, stürmen sie nur zu gern wieder ins Freie.

Pappenheim

Die Kapelle als Kanonenlager

Immerhin geht es spannend weiter: In der Brunnenstube dürfen alle Wasser in den „Tiefen Brunnen“ gießen und lauschen, wann es aufplatscht. 55 Meter sei der Brunnen heute noch tief, erklärt Brigitte Durner, und damit rund doppelt so tief wie der Bergfried mit seinen 27 Metern hoch ist. Bald darauf ist das andere Ende der Anlage erreicht. Dort bietet sich ein fantastischer Blick über die Stadt. Die Schulkinder identifizieren ohne Probleme das Alte Schloss, in das die Grafen nach der Zerstörung der Burg einzogen. Aber zu welchem Raum könnten die Mauerreste gehören, die die Burgführerin ihnen anschließend zeigt? „Da kommt gleich: Das ist ein Klo oder alles Mögliche, aber niemals eine Kapelle“, meint sie schmunzelnd. Heute tippen die Kinder auf ein Kanonenlager.

Viel wichtiger ist jedoch die Frage nach den vier Ziffern, die zum Öffnen der Schatzkiste benötigt werden. Zumindest ein paar Kinder haben gut aufgepasst und bald stürmt die ganze Gruppe los, um den Schatz zu bergen. Brigitte Durner folgt ihnen langsamer und zieht mit einem Lachen Bilanz: „Ich weiß ehrlich nicht, wem die Führung mehr Spaß macht – den Kindern oder mir.“

Urlaub machen, essen, trinken…