Naturbeziehung unter Bäumen

Angelika Liefke gibt seit rund 30 Jahren Yogakurse – und das gern im Freien. Die Sportlehrerin und Naturpark-Führerin ist eine von drei ausgebildeten Waldgesundheitstrainerinnen, die das Angebot der Kurstadt Treuchtlingen am „Kraftort Natur“ bereichern. Diese Kurse stehen allen offen, die neue Energie schöpfen und präventiv ihre Gesundheit fördern wollen. Im Interview erklärt die Expertin, warum Waldgesundheitskurse so gut in die heutige Zeit passen.

Eine Frau mittleren Alters mit langen, lockigen, blonden Haaren steht im Wald neben einem dicken Baum. Sie hat eine Hand an den Stamm gelegt. Sie trägt ein pinkfarbenes Langarmshirt, eine dunkelblaue Jeans und graue Schuhe. Die Frau lächelt freundlich in die Kamera. Der Hintergrund besteht aus dichtem, grünem Laub, das von Sonnenlicht durchbrochen wird.

Wie sind Sie Waldgesundheitstrainerin geworden?

Angelika Liefke: Das hat sich vom Yoga her entwickelt. Schon seit 15 Jahren gehe ich mit den Menschen hinaus in den Kurpark, um im Frühling und Sommer mit ihnen Yoga- und Bewusstseinsübungen in der Natur zu praktizieren. Mein Ziel ist es, dass sie wirklich eine Beziehung zu ihr eingehen lernen. Meistens ist es ja so, dass man die Natur eher konsumiert, sie mehr als schöne Kulisse nimmt.

Wie kann Waldyoga dabei helfen?

Angelika Liefke: Der Wald hat sehr viele heilsame Aspekte: das spezielle Klima im Wald mit reiner, angefeuchteter Luft und vielfältigen Düften, dem Licht-Schatten-Spiel und vielem mehr... Die Menschen kennen ja den Wald, aber wenn sie zu uns zu Waldgesundheitsführungen kommen, lernen sie ihn noch einmal neu kennen. Das ist unser Anspruch! Manche Frauen sind etwas ängstlich im Wald und können sich ihm in der Gruppe entspannt nähern. Unsere Erfahrung ist, dass sich zum Beispiel Menschen, die oft Holz machen oder regelmäßig mit dem Hund im Wald spazieren gehen, mit unserer Waldführung ein neuer Blick auf den Wald eröffnet.

Wie läuft das ab?

Angelika Liefke: Es fängt damit an, dass wir die Wege verlassen. Zunächst führen wir einige Übungen im Stehen aus. Man kann zum Beispiel im Wald die Wirkung der frischen Luft auf seiner Haut und auf die freier werdende Atmung bewusster wahrnehmen. In einer Lichtung entsteht ein Weite-Erleben bei gleichzeitig geschütztem Rahmen durch die umgebenden Sträucher. Die Körperübungen wirken intensiver, weil die Bedingungen entgegenkommender sind als in einem Raum. Dann rollen wir die Matte auf dem Waldboden aus, der etwas uneben, aber durchaus weich ist. Wir schauen aus dieser bodennahen Perspektive auf die umliegende Vegetation und blicken über die Baumkronen in den Himmel.

Wie beziehen Sie die Natur ein?

Angelika Liefke: Durch die Baumkronen fällt beispielsweise das Licht herein und bewirkt ein intensives Licht-Schatten-Spiel. Wir betrachten es genau, wir stellen uns Fragen dazu … Es kann sehr freundlich-einladend sein, in einem anderen Waldstück wieder eher dunkel-abweisend. Diese Eindrücke erzeugen in der Rückerinnerung Bilder und Empfindungen und so finden wir zur Natur eine intensivere Beziehung. Bei den Körperübungen des Yoga bleiben die Augen geöffnet, wir erleben unsere Bewegungen und die frei fließende Atmung innerhalb der Natur.

Wo finden die Kurse statt?

Angelika Liefke: Wir haben ein eigens dafür ausgewiesenes Waldstück am Nagelberg. Wir treffen uns am Hexentanzplatz und gehen von dort gemeinsam in den Wald.

Für wen ist das Waldyoga geeignet?

Angelika Liefke: Die meisten, die zu den Kursen kommen, sind zwischen Mitte 20 und Mitte 60, aber eigentlich ist es für alle von Jugendlichen bis ins hohe Alter geeignet. Im Moment nehmen in der Mehrheit Frauen teil, aber die Männer sind im Kommen, sie interessieren sich vermehrt dafür. Für Eltern und Kinder gibt es unser Familienangebot. Außerdem empfehle ich, auch einmal an einer Heilkräuterwanderung teilzunehmen. Dabei werden Kräuter auch verkostet und man schmeckt die Aromen des Waldes. Uns ist es wichtig, bei unseren Waldgesundheitsangeboten deutlich zu machen, dass es nicht um etwas Esoterisch-Emotionales geht. Es sollen auch Menschen angesprochen werden, die ganz pragmatisch denken.

Ist der Bedarf an solchen Angeboten größer geworden? 

Angelika Liefke: Wir leben in einer Zeit, in der Menschen immer beziehungsärmer werden. Wenn ich Angst habe, mich einsam fühle oder allgemein Probleme habe, ziehe ich mich in der Regel nach innen zurück. Dies ist eine Entwicklung, die vor allem in den vergangenen fünf Jahren große Teile der Gesellschaft erfasst hat. Dadurch finden die Menschen aus sich selbst nicht mehr so leicht heraus. Bei dem Yoga, das ich praktiziere, geht es darum, dass ich mich nach außen in Beziehung bringe, dass ich wieder beziehungsfreudig werde, um mich durch dieses „Grenzüberschreiten“ wieder rückwirkend in mir zu gründen. Darin sehe ich einen Bedarf der Zeit.

Wie sind die Reaktionen der Leute, die zum ersten Mal an einem Kurs teilgenommen haben?

Angelika Liefke: Die Leute sind durchweg erfreut und angesprochen. Es gibt kaum jemanden, der nicht innerlich mitgeht. Die einen haben zum ersten Mal im Wald den Weg verlassen, andere erleben, dass sie sich tatsächlich eine Stunde ohne Ablenkung auf etwas konzentrieren konnten oder zum ersten Mal bewusst den Vogelstimmen gelauscht haben. Manchmal erleben wir zusammen eine Art Zeitlosigkeit.

Wie empfinden Sie selbst die Yogastunden im Wald?

Angelika Liefke: Wenn wir wieder rausgehen aus dem Wald, dann spüren wir eine viel intensivere innere Ruhe, aber gleichzeitig eine Offenheit für die Eindrücke in der Natur. Durch die Art, wie wir den Wald wahrnehmen, erschaffen wir gemeinsam diese Stimmung.

Wie fügt sich die Waldgesundheit in das Treuchtlinger Gesundheitsangebot ein?

Angelika Liefke: Das lässt sich wunderbar kombinieren. Wir haben die Altmühl Therme mit dem Heilwasser. Von dort kann man zum Nagelberg hochfahren oder wandern – er ist nur ein kurzes Stück entfernt. Auf dem Weg dorthin liegt der naturnahe, wunderschöne Kurpark, wo ich ebenfalls Yogakurse anbiete.

Urlaub machen, essen, trinken…